Frauen als wichtiger Entwicklungsfaktor in der Lausitz

Warum Frauen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die regionale Entwicklung in der Lausitz sind? Dieser Frage widmet sich die neue Reportage vom MDR “Mehr Frauen braucht das Dorf” mit spannenden Portraits und Einblicken in die Entwicklungspotentiale der Region, die im Rahmen der ARD-Themenwoche „Stadt.Land.Wandel“ im November veröffentlicht wurde.

Vorgestellt wird in der Reportage unter anderem auch der Lausitzerinnen Stammtisch, eine Initiative von F wie Kraft – Frauen.Leben.Lausitz (Görlitz). Der regelmäßig stattfindende digitale Stammtisch lädt Lausitzerinnen und Rückkehrerinnen dazu ein, sich über Themen wie den geschlechtergerechten Strukturwandel in der Lausitz, das Herziehen, Zurückkehren oder Hierbleiben sowie über die Rolle und den Einfluss von Frauen in der Politik auszutauschen. Hierdurch gestalten Frauen aktiv auch ihre zukünftige Rolle in der Lausitz selbst mit. Auch das L&T Bündnis unterstützt diese Initiative. Durch die regelmäßige Teilnahme an den Stammtischen und das Einbringen von eigenen Ideen, wird die Verzahnung von technologischen und sozialen Innovationsfeldern zur strategischen Weiterentwicklung und fließen direkt in die Bündnis- und Netzwerkarbeit von L&T ein. „Der Stammtisch verbindet Frauen aus der ganzen Lausitz, mit dem Ziel die neue oder alte Heimat lebenswerter zu machen und mitzugestalten. Dies ist auch ein wesentliches Anliegen für das Bündnis Lausitz — Life & Technology,“ hebt die Projektkoordinatorin vom L&T Strategieteam Leonie Liemich hervor.Viele Dörfer bluten aus, weil so viele junge Menschen und vor allem Frauen weggehen. Aber was passiert, wenn „Frau“ sich entscheidet wieder auf´s Dorf zurückzugehen? Welchen Mehrgewinn das für die Entwicklung von Dörfern und den ländlichen Raum hat, wird in dem Beitrag mit spannenden Portraits dargestellt.

Über Neuseeland zurück in die Oberlausitz

Im sächsischen Reichenbach eröffnete Fanny Bracke als Rückkehrerin eine Intarsienmanufaktur, eine alte Traditionskunst aus dem Tischlerhandwerk, und entschied sich bewusst für das Leben auf dem Dorf. Nach einem Auslandsaufenthalt in Neuseeland, einem Biologiestudium in Greifswald und einer Tischlerlehre führte sie der Weg wieder zurück in die Oberlausitz. „Als für mich damals die Entscheidung stand, mich selbstständig zu machen, entschied ich mich wieder zurück in meine Heimatstadt und zurück in die Lausitz zu gehen.“ Durch den Internetauftritt ist sie deutschlandweit präsent mit ihrer Handwerkskunst und kann somit auch von der Lausitz aus gut arbeiten.

„Frauen sind nicht nur ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, wenn sie (heimisches) Bier trinken, sondern sie machen Lust hier zu bleiben, weil sie oft nachhaltig und ressourcenschonend arbeiten, den Zusammenhalt stärken und sich aktiv vernetzen, Kritik nicht unter den Teppich kehren und Übersetzerinnen und Botschafterinnen der regionalen Herausforderungen sind […] im Dorf, in den (Klein-)Städten, auf dem Land und bis in die EU,“ unterstreicht Dr. Julia Gabler die Bedeutung von Frauen.

Landflucht — ein Thema seit über 30 Jahren

Acht von Zehn jungen Frauen geben im Landkreis Görlitz an, nach der Schule weggehen zu wollen. Dr. Julia Gabler, Initiatorin der Initiative F‑wie Kraft und zur Zeit als Vertretungsprofessorin im Master-Studiengang Management Sozialen Wandels an der Hochschule Zittau/Görlitz, erklärt dies damit, dass viele Frauen nach der Schule bewusst in größere Städte und andere Regionen gehen und leider oft nicht zurückkehren, da sie spannende Positionen in der Arbeit oder auch familiäre Grundsteine anderswo aufgebaut haben. Somit ist die Landflucht nicht nur ein präsentes Thema in den 90er Jahren sondern auch heute, 30 Jahre später immer noch ganz aktuell. Lebten in den 90er Jahren noch 367.000 EinwohnerInnen im Landkreis Görlitz, so sind es heute nicht mehr als 250.000 EinwohnerInnen. Die Motivation, die Region zu verlassen und in urbane Zentren zu ziehen, hat sich hierbei aber geändert. Entschieden sich früher ganze Familien, die Lausitz zu verlassen, sind es heute vor allem junge Menschen und vor allem junge Frauen. Auf der Suche nach adäquaten Ausbildungschancen, aber auch andere junge Menschen sowie eine offene und tolerantere Umgebung sind entscheidende Gründe für die Abwanderung. Umso wichtiger ist es, die Forderungen des Bündnisses der Lausitzer Gleichstellungsbeauftragten für den Strukturwandel in der Lausitz wahrzunehmen und für die Veränderungsprozesse in der Region aufzunehmen.

Der Wirtschaftsfaktor von Frauen in ländlichen Regionen ist dabei wesentlich für die regionale Entwicklung. „Durch die aktive Beteiligung von Frauen werden offene Orte geschaffen, die gut funktionierende Kindergärten, eine aktive Kirchengemeinschaft haben und an denen sich Kulturcafés etablieren oder Kinos eröffnen. D.h. in Dörfern, wo Frauen aktiv sind, werden Orte lebendiger, haben mehr Zuzug oder verweisen auch auf ein qualifiziertes Bildungssystem. Dies ist ein klarer Gewinn für die Region, denn somit wird ein nachhaltiger Wirtschaftsfaktor durch die aktive Beteiligung von Frauen geschaffen,“ so Dr. Julia Gabler.

  • Der Beitrag entstammt dem Projekt "Lausitz – Life & Technology" - einem Kooperationsvorhaben der Hochschule Zittau/Görlitz, des Landkreis Görlitz, der ULT AG und des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU. Das Bündnis setzt sich für die Stärkung der Wirtschaftsstruktur im Dreiländereck ein.
  • Die MDR Wissen - Reportage "Zukunftsland - Mehr Frauen braucht das Dorf" ist hier  zu finden
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