Gemeinschaft, Diversität, neue Möglichkeiten

Ein Interview mit Franziska Stölzel

Heute stellen wir euch Franziska Stölzel vor. Franzi ist Wissenschaftlerin für Wandel- und Transformationsprozesse. Obwohl es sie nach ihrem Studium zunächst nach Südamerika gezogen hat, war für sie immer klar, dass sie zurück in die Lausitz möchte. Aktuell lebt sie in Weißwasser und ist für das Projekt REBOOST der Universität Graz beschäftigt. Außerdem ist sie in verschiedenen Projekten aktiv, wie bspw. dem Soziokulturellen Zentrum Telux, als auch als Mitautorin des Lausitzmonitors. Nicht zu vergessen war sie maßgeblich daran beteiligt den Lausitzerinnen Frauenstammtisch zu initiieren – und ich würde gerne wissen: Franzi, wieso ist der Strukturwandel eigentlich so interessant für dich?


Herzlichen Dank für diese liebe Vorstellung. Strukturwandel – in aller Köpfe ist dieses Wort. Allgemein sagt die Definition, Strukturwandel ist eine Veränderung einer Region oder eines Gebiets, in den Bereichen Wirtschaft, Infrastruktur, aber auch soziale oder kulturelle Bereiche spielen dabei eine Rolle. Laut Befragungen sind die Menschen in der Lausitz einen Wandel gewohnt. Mich interessiert daher, wie man diesen Wandel positiv und nachhaltig gestalten kann, um zum Beispiel ein Modell zu entwickeln, dass man auf andere Regionen in der ganzen Welt übertragen kann. Kohleausstieg ist ja immerhin ein globaler Prozess.

 
Und was sind eigentlich Faktoren für einen gelingenden Strukturwandel?


Unser Lausitzer Strukturwandel ist geplant und bekommt auch durch den Kohleausstieg einen gewissen Ablaufplan. Allgemein gilt, dass alle Informationen für alle Bürger:innen zur Verfügung
stehen müssen. Das bedeutet auch, dass sie in leichter Sprache zur Verfügung stehen müssen. Desweiteren ist die Transparenz aller Entscheidungsgremien total wichtig und darüber hinaus müssen alle Bürger:innen die Möglichkeit bekommen, sich an diesem Wandel beteiligen zu können. Für die Lausitz wurde von Akteur:innen und Stakeholdern der Region die  Entwicklungsstrategie 2050 entwickelt. In ihr geht es vor allem darum, wie man Wirtschaft fördern kann, Wertschöpfungsketten generieren kann, wie man kulturelle Angebote weiterentwickeln kann, aber auch um vieles mehr! Da lohnt es sich auf jeden Fall einen Blick reinzuwerfen.


Franzi, ein Strukturwandel ohne Frauen – was soll das für ein Strukturwandel sein?

Sorry, not sorry, aber ohne Frauen geht gar nichts, vor allem kein Wandel. Die vom Kohleausstieg betroffenen Berufe sind eher technisch und daher eher männerdominierte Berufe. Das zeigt sich auch in den Entscheidungsgremien und in der Politik – die ist nämlich eher homogen, männlich und älter aufgestellt. Die Lausitz allerdings braucht unbedingt junge Menschen, junge Frauen, junge qualifizierte Frauen, denn die, wir, sind die Zukunft der Region und müssen uns mit unseren Ideen und Projekten einbringen. Ich wünsche mir daher mehr Diversität in  Entscheidungsgremien und der Politik. Nicht nur Männer, sondern auch Frauen, Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung, FLINTA Personen oder Menschen, die von der Mehrheitsgesellschaft abweichen, bspw. eine Behinderung haben. Das schafft nicht nur mehr Diversität, sondern auch Mut für andere Personen, sich einzubringen und ihre Ideen auszuplaudern und gemeinschaftlich neue Möglichkeiten zu entwickeln.


Und wie unterstützen dich Netzwerke wie bspw. F wie Kraft in deiner Arbeit?


Für mich ist es wichtig, diesen Wandel für alle gestaltungfähig aufzustellen. Du bist Wandel, ich bin Wandel, wir alle werden von den Auswirkungen des Wandels betroffen sein – doch wir jungen Leute sind vor allem die Zukunft des Wandels. Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass Wandel an sich gar nichts Schlechtes ist und dass wir alle davon profitieren können, es
aber eben auch ziemlich viel Nachholbedarf gibt. Wir brauchen aktive Bürger:innen, die sich entscheiden für diesen Wandel zu kämpfen. Wir brauchen Transparenz und Diversität in den Entscheidungsgremien und da setzt F wie Kraft an. Denn hier muss man auf gemeinschaftlicher Ebene agieren. F wie Kraft bietet mir selbst die Ressource mich mit anderen Frauen zu  vernetzen und auszutauschen. Diese Frauen kennen die Prozesse und Strukturen in der Lausitz, wir pushen uns gegenseitig, aber wir können uns auch mal so richtig auskotzen. Allgemein ist es ebenso, dass wenn man gemeinschaftlich an einer Sache arbeitet auch eher auf Probleme aufmerksam machen kann und doch eher gehört wird. In der großen Gemeinschaft, die wir bilden, können wir uns gegenseitig so gut unterstützen und sind eben gemeinsam stark und das schätze ich so sehr an F wie Kraft.


Dann bedanke ich mich ganz herzlich, liebe Franzi, und noch ein kleiner Aufruf an Dich da draußen – und zwar, falls Du vorgestellt werden möchtest oder Du gerne ein Projekt vorstellen würdest, dann meld dich doch einfach bei uns und vielleicht können wir das nächste Mal schon ein bisschen mehr über dich oder eben dein Projekt erfahren!

Das Interview führte Nicole Maziarka. Nicole lebt in Görlitz. Sie ist Sozialarbeiterin (i.A.), Mädchen*arbeiterin (i.A.) und seit 2020 Projektmitarbeiterin bei F wie Kraft. Mit einem intersektional-queerfeministischen und herrschaftskritischen Zugang setzt sie sich in ihrer Arbeit mit Impulsen für selbstbestimmte, gesellschaftliche, politische Aktivität auseinander und macht sich für soziale Gerechtigkeit und solidarisches Miteinander stark. Seit 2019 engagiert sie sich im Projekt „Studierende beraten Studierende“ der HSZG, desweiteren ist sie im Studierendenrat aktiv, in dem sie das Referat Soziales leitet.

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