HIER ARBEITEN – WIEVIELE KOMPROMISSE SIND GENUG?

INTERVIEW MIT ANITA KOTTWITZ

Anita Kottwitz arbeitete von 2015 bis 2016 im Forschungsprojekt F wie Kraft. Sie leitete die Befragungen von Schülerinnen und Studentinnen zu den Verbleibperspektiven im Landkreis Görlitz. Zum Thema junge, qualifizierte Frauen in der Region kann sie sowohl aus der professionellen Sicht als aus ihrer persönlichen Erfahrung berichten: Sie kam vor einigen Jahren als Sozialwissenschaftlerin aus Berlin zum Leben in die Oberlausitz.

Was ist dein Bezug zum Projekt?

In erster Linie war es mein Beruf, den ich einbringen konnte, als Sozialwissenschaftlerin. Ich war zu dem Zeitpunkt, als das Projekt startete, gerade in die Oberlausitz gezogen. Vorher hatte ich zwölf Jahre in Berlin gelebt, so hat mich das  auch persönlich interessiert: Welche Perspektiven haben hier die jungen Menschen, die jungen Frauen in der Region,  beruflich Fuß zu fassen? Das war auch meine persönliche Situation zu diesem Zeitpunkt. So habe ich ein persönliches Interesse mitgebracht und konnte natürlich aber auch meine Expertise mit einbringen.

Was ist, zusammenfassend betrachtet, deine persönliche Perspektive auf das Thema junge, gut ausgebildete Frauen in der  Oberlausitz?

Meine persönliche, nicht die wissenschaftliche?  Das ist natürlich immer ein bisschen schwierig  voneinander zu trennen, wenn man in dem Bereich auch tätig war. Aber ich würde sagen, es ist grundsätzlich schwer, hier auch beruflich Fuß zu fassen. Also zumindest  in meinem Bereich. Ich bin Sozialwissenschaftlerin. Ich weiß jetzt nicht, wenn man einen technischen Beruf, vielleicht im Ingenieurwesen, ausführen würde, ob es dann leichter wäre. Ich kann nicht einschätzen, wie leicht oder schwer es da die Frauen haben. Aber ich kann sagen, dass es für Sozialwissenschaftlerinnen jetzt nicht so leicht ist. Wenn man bereit ist, gewisse Kompromisse einzugehen, ist es möglich, aber ich frage mich dann auch immer: Wie viele Kompromisse muss man eingehen? Nehme ich jetzt eine befristete Stelle in Kauf und dazu noch ein niedriges Einkommen und dann eben vielleicht noch einen Beruf, der nicht ganz auf das Profil passt. Also das wären jetzt eigentlich schon eine Reihe an Kompromissen. Im Moment ist mein Kompromiss, dass ich gar nicht hier, sondern in Berlin bzw. Bielefeld arbeite und pendeln muss, aber hauptsächlich von zu Hause aus arbeiten kann. Aber ich habe jetzt keine Stelle direkt hier in der Region gefunden.

Rückblickend auf das Projekt: Was nimmst du mit?

Ich nehme mit, dass es – aus meiner Sicht – hier schon unheimlich viele engagierte Frauen gibt. In jedem Alter, sowohl junge, als auch ältere Frauen, die sich dieses Themas auch angenommen haben und da aktiv sein wollen. Dass sie auch andere Projekte anstoßen wollen und auch ein bisschen das ausstrahlen wollen, was die Frauen sich hier eben wünschen, um hier auch gut leben zu können.

Susanne Lerche ist seit August 2017 mit F wie Kraft verbunden. Der berufliche Hintergrund, den sie einbringt, liegt in ihrer Praxiserfahrung in der Jugend- und Bildungsarbei.Darüber hinaus lebtsie mit ihrer Familie in der Region und wünscht sich, dass sich hier Türen und Räume für junge Frauen öffnen.

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