KRAFT ALS MASSE MAL BESCHLEUNIGUNG

„F wie Kraft“ als neue Metapher für den weiblichen Aufbruch im Landkreis ist auf den ersten wie männlichen Blick gewöhnungsbedürftig. Und suggeriert sofort den grundphysikalischen Konter: „M wie Masse“, und die wirkt umso stärker, wenn die Beschleunigung fehlt.

Das Fatale daran: Sieht man sich die Lage an – und das zeigt auch die Studie – so ist die männliche Masse leider immer noch erdrückend. Wenn Behörden aufgrund ihrer bislang natürlichen Arbeitsweise und Mechanismen den aufgenommen Frühjahrsschwung bremsen sollten – sei es Landkreis und seine Verwaltung und diverse, oft nur so genannte Wirtschaftsförderer oder gar überbezahlte Leitbildentwickler – dann wird sich der Trend der Abwanderung fortsetzen und damit in absehbarer Zeit die Zukunft echt maskulin-lausig.

Da willkürliche Quoten wenig Sinn haben, wenn man ohne sie ohne Beachtung der Grundgesamtheit (also der Masse) festlegt, hilft hier, bei der nötigen Frauenkraftverstärkung, nur Beschleunigung. Das geht nur mit raschen subsidiären Entscheidungen in möglichst flachen Hierarchien und breiter Vernetzung.

Und, wenn sich die Lausitz wirklich einmal als Kulturraum begreifen und damit als Herkunft identitätsstiftend sein soll, dann hat eine Kreisfrauengrenze keinerlei Sinn: Also sollte sich Bautzen als Landkreis rasch an der virtuellen Frauenarche offi- wie finanziell beteiligen, auch wenn dort die Probleme (vermutlich) weniger virulent sind. Ja nicht einmal Länder- oder gar Staatsgrenzen haben Sinn, sollte man sich als Europäer*In begreifen, wobei das permanente Binnen-I-Pochen ebenso wie fixe Quotenideologie keiner Menschin etwas bringt. Insofern sollte das initiierende Landratsamt in Görlitz sich rasch neue Verbündete suchen: die Strukturen der Industrie- und Handelskammer oder aber der Kreativwirtschaft stehen nicht nur als Beispiel offen, auch die Euroregion ist gefragt. Damit es keine Arche wird, hilft nur ein weiter Horizont, denn auch hinter den Zipfelwipfeln wohnen keine Zwerge und jenseits der Neiße schaut man stets ganz genau gen Westen. Das Sein bestimmt das Bewusstsein eines jeden Dialektikers: Wir leben im spannendsten und vielleicht EU-entscheidenden Dreiländereck!

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Sportliches Ziel bedarf Schnell- wie Ausdauerkraft

Es ist ein sportliches Ziel, was die Frauen vor sich haben, welches neben Schnelligkeit und Masse vor allem Ausdauer und Geduld braucht. Und unter uns Männern: Wir können es bei voller Hirnkraft – auch im Sinne der lausitzenden Söhne – nur mit ganzen Herzen und voller Tatkraft unterstützen. Dazu gehören folgende logische Forderungen an die Herren Steuergeldverwalter: Die der Studie zugrundelegende Erhebung muss in regelmäßigen Abständen, am besten aller drei Jahre, wiederholt werden. Und die Daten müssen dringend mit der Realität, also Ab- und Zuwanderung, abgeglichen werden – 1200 valide Erstkontakte zu Schülern und Studenten im Landkreis hätte man (derzeit noch) dazu.

Erst dieser Praxischeck der forschen Forscherinnen gebiert Folgerungen, die dann mit politischem Verve rasch umgesetzt werden müssen – und zwar mit Frauen an der Spitze. Keiner kann uns erzählen – wie es sich beim jüngsten Lausitzforum in Weißwasser en passant heraus schälte – dass Breitbandnetz und Elektrofizierung der Bahnlinien nach Dresden oder Berlin die Region retten, wenn in der Region kein Bus fährt und echte soziale, also analog-persönliche Netzwerke der Verödung erliegen. Wichtiger für jeden Unternehmer ist motiviertes Humankapital, am besten im  Familienverbund nah wie fix verheimatet. Da braucht es kein Leit- als Leidbild.

Mein bester Fitnessstudiobetreiber aller Zeiten, ein Ex-NVA-Offizier mit reichlich Moskau-Erfahrung, der als Kraftdreikämpfer natürlich immer deutscher Meister seiner Altersklasse ward und bei dem das so genannte Träning meist in umfassenden Weltlageanalysen ausartete – hatte es handschriftlich an den Eingang gepinnt: „Allein das Durchhalten wird belohnt, nicht das Anfangen.“ Daher heißt es nun fürs Frauennetzwerk: klug dosiertes Training in der Balance zwischen Ausdauer- und Schnellkraft.

Am 28. April 2018 erschien dieser Beitrag von Andreas Herrmann als Kommentar in der Sächsischen Zeitung. Wir veröffentlichen ihn hier als Gastkommentar und bedanken uns recht herzlich dafür.

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